Persönliche Lagebesprechung

Handreichung - Persönliche Lagebesprechung

von Stefan Doose

Was ist eine Persönliche Lagebesprechung?

Die Persönliche Lagebesprechung ist ein personenzentriertes Planungsformat. Sie eignet sich gut dazu, einen schnellen Überblick über die aktuelle Situation zu bekommen, wichtige Themen herauszufiltern und erste Schritte zu planen. Die Stärke dieser Methode besteht darin, dass mit ihrer Hilfe die Situation aus verschiedenen Perspektiven, beispielsweise der planenden Person, der Familie oder von Fachkräften, erfasst wird.
Die Persönliche Lagebesprechung wurde von Helen Sanderson als personenzentrierte Alternative zu einer Hilfeplanung entwickelt. Sie kann mit der planenden Person in einem Unterstützungskreis oder mit einer Gruppe von Personen durchgeführt werden. Die Lagebesprechung kann abgewandelt auch für Klassen, Teams oder Familien genutzt werden.
Der Prozess wird von einer Person moderiert.

Wie ist eine Persönliche Lagebesprechung aufgebaut? 

Die Persönliche Lagebesprechung besteht aus neun Elementen, die auf neun Plakaten zusammengetragen werden. Diese Plakate werden im Raum aufgehängt. Die Lagebesprechung dauert mindestens anderthalb bis zwei Stunden.
Steht diese Zeit nicht zur Verfügung, kann auch die kürzere Version mit nur sechs Fragen wählen. Mit dieser Version kann man herausfinden, was zurzeit gut läuft und was nicht, und anschließend die verschiedenen Perspektiven aufzeigen. Sie dauert mindestens eine Stunde.

Persönliche Lagebesprechung

Prozessphasen

Der Prozess gliedert sich in drei Phasen (nach SANDERSON/MATHIESEN 2003): 

  • Ankommen und orientieren
  • Ideen zusammentragen
  • Aktionsplan erstellen

Phase 1 - Ankommen und Orientieren

Der*die Moderator*in begrüßt gemeinsam mit der Hauptperson die Teilnehmenden des Unterstützungskreises und erläutert die Ziele sowie den Ablauf der Persönlichen Lagebesprechung. Im Raum hängen die vorbereiteten Plakate.

Plakat 1 » Wer ist da?
Am Anfang stellt sich jeder und jede vor und sagt, in welcher Beziehung er oder sie zur planenden Person steht (Mutter, Betreuer, Freund…). Alle tragen sich auf dem Willkommensplakat "Wer ist da?" ein.

Plakat 2 » Gesprächsregeln
Jetzt bespricht Der*die Moderator*in mit der planenden Person und der Gruppe die Gesprächsregeln für das Treffen. Sie werden gut sichtbar auf dem Plakat "Gesprächsregeln" aufgeschrieben.
Dies können Dinge sein wie: 

  • zuhören und ausreden lassen
  • wertschätzend miteinander umgehen
  • Vertraulichkeit des Gesagten
  • Leichte Sprache
  • Rechtschreibfehler sind in Ordnung
  • jeder sorgt dafür, dass die Dinge, die ihn beschäftigen, eingebracht werden
  • alle Beiträge sind wertvoll
  • es gibt keine dummen Fragen
  • Handys aus- oder stummschalten

Plakat 3 » Was wir an … (Name) schätzen und mögen
Der*die Moderator*in bittet die Teilnehmenden des Unterstützungskreises zu sagen, was sie an der planenden Person schätzen und mögen. Welche Gaben, Stärken und Fähigkeiten hat die Person? Was bringt sie positiv in die Welt, was sonst nicht da wäre? Die Aussagen werden auf einem Plakat festgehalten und gegebenenfalls durch kleine Zeichnungen ergänzt.

Phase 2 - Ideen zusammentragen

Der*die Moderator*in erläutert die noch ausstehenden Plakate (Plakat 4 bis 8) mit ihren Überschriften. Danach nimmt sich jeder einen Stift in der Farbe seiner Wahl und schreibt bzw. malt zu jedem Thema das, was ihm einfällt und wichtig ist. Diese Phase dauert etwa 20 Minuten. Wenn die planende Person dies möchte, kann im Hintergrund leise Musik ihrer Wahl gespielt werden. Etwas beschwingte, anregende Musik eignet sich dafür gut.
Dabei muss sichergestellt werden, dass Personen, die nicht schreiben können, jemanden haben, der ihnen die Punkte vorliest und etwas für sie aufschreibt. Es kann natürlich auch gemalt werden.
Der*die Moderator*in geht während dieser Phase im Raum umher, ermuntert alle und klärt Fragen. Er oder sie verschafft sich einen ersten Überblick über die Plakate.

Plakat 4 » Was läuft gut? Was läuft nicht gut?
Dieses Plakat ist zentral für die Persönliche Lagebesprechung. Hier schreiben die Teilnehmenden aus unterschiedlichen Perspektiven auf, was ihrer Meinung nach im Leben der Hauptperson gut bzw. nicht gut läuft.
Dazu wird entweder ein großes Plakat in verschiedene Abschnitte unterteilt (Sichtweise der planenden Person, Sichtweise der Familie, der Fachleute, der Arbeitskollegen etc.) oder für jede Sichtweise ein eigenes Plakat verwendet.

Plakat 5 » Offene Fragen - Probleme, die gelöst werden müssen
Auf dieses Plakat können offene Fragen geschrieben werden.
Das können Fragen sein, 

  • zu denen noch weitere Informationen gesammelt werden müssen,
  • zu denen es unterschiedliche Einschätzungen gibt,
  • bei deren Beantwortung andere Personen einbezogen werden müssen.

Diese Fragen werden anschließend bei der Aktionsplanung aufgegriffen.

Unterschied zwischen den Planungsvarianten
Wenn Sie die Kurzversion der Persönlichen Lagebesprechung gewählt haben, kommen Sie nun zu "Phase 3 - Aktionsplanung".
In der ausführlichen Version folgen noch drei Plakate. Sie bauen auf anderen Methoden Personenzentrierten Denkens auf. Hier wird beispielsweise zwischen Dingen, die einer Person wichtig sind, und Punkten, die für sie wichtig sind, um gesund und sicher zu sein, unterschieden. Zudem werden die Zukunftsträume thematisiert.

Plakat 6 » Was ist … (Name) jetzt wichtig?
Auf diesem Plakat werden Dinge zusammengetragen, die der Hauptperson zurzeit im Leben wichtig sind. Was soll in ihrem Leben unbedingt vorkommen, was vermieden werden? Es kann dabei um die Beziehungen zu anderen Menschen, um den Tages- und Wochenablauf oder um positive Routinen gehen.
Soweit möglich sollten die Äußerungen der planenden Person auf dieses Plakat geschrieben werden; wenn nötig wird sie durch andere Menschen, die für sie schreiben oder malen, unterstützt. Ist dies nicht möglich, kann man Äußerungen oder Verhaltensweisen der Person aufschreiben.
Die Sichtweise der planenden Person selbst soll auf dem Plakat notiert werden, nicht die der Unterstützer*innen.

Plakat 7 » Was ist … (Name) in Zukunft wichtig?
Dieses Plakat fängt die Wünsche, Zukunftsträume und Ziele der Hauptperson ein. Was wünscht sie sich? Wie soll ihr Leben in Zukunft aussehen?
Auch dieses Plakat sollte - soweit möglich - die Perspektive der planenden Person widerspiegeln. Die Plakate können schon vor dem Treffen vorbereitet werden, so dass die Hauptperson etwas mitbringen und aufhängen kann, beispielsweise selbst gezeichnete Bilder, Fotos, Collagen.
Sollte die Person entwicklungsgemäß noch keinen Begriff von Zukunft haben, können auch die Wünsche und Träume der engsten Vertrauten für die Zukunft des Kindes notiert werden.

Plakat 8 » Was braucht … (Name), um gesund und sicher zu sein?
Auf diesem Plakat können die Anwesenden Dinge eintragen, die für die Gesundheit und Sicherheit der planenden Person wichtig sind. Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit sie die Dinge tun kann, die ihr wichtig sind? Wer muss um diese Voraussetzungen wissen, um die planende Person angemessen unterstützen zu können? Dies ist besonders bei Menschen mit chronischen Erkrankungen oder einer Behinderung wichtig.

Phase 3 - Aktionsplanung

Der*die Moderator*in bittet die Teilnehmenden nach etwa 20 Minuten, wieder Platz zu nehmen. Jetzt werden die Ergebnisse zusammen gesichtet. Dabei wird mit dem Plakat "Was läuft gut und was läuft nicht gut" und den offenen Fragen begonnen, anschließend werden die anderen Plakate besprochen und Verständnisfragen gemeinsam geklärt.
Dann sollten sich die Anwesenden schnell einigen, welche Punkte beim Erstellen des Aktionsplans berücksichtigt werden sollten. Gibt es viele Themen, können die Teilnehmenden mit drei Klebepunkten die wichtigsten markieren. Die Klebepunkte der planenden Person können eine andere Farbe haben, um sicherzustellen, dass ihre Themen auf jeden Fall Beachtung finden.

Plakat 9 » Aktionsplan
Auf dem letzten Plakat wird festgehalten, wer was bis wann tut. Hier geht es darum, mit der planenden Person und dem Unterstützungskreis die nächsten Schritte konkret festzuhalten. Dies können zum einen Schritte sein, die verbessern, was zurzeit nicht gut läuft, oder offene Fragen klären. Es können aber auch Schritte sein, die dazu beitragen, dass das, was gut läuft, weiterhin gut läuft. Dabei müssen die Punkte der planenden Person berücksichtigt werden, es geht schließlich um die Verbesserung ihres Lebens. Die Schritte sollten konkret formuliert sein, alle Beteiligten müssen wissen, was zu tun ist.
Gemeinsam wird eine Person gesucht, die die Persönliche Lagebesprechung dokumentiert und den Aktionsplan an alle Beteiligten schickt. Manchmal müssen auch andere Personen informiert werden.
Außerdem sollte mindestens eine Person festgelegt werden, die für die Umsetzung des Aktionsplans verantwortlich ist. Im Unterstützungskreis wird diese Rolle auch als Agent*in bezeichnet. Die planende Person sollte - soweit möglich und sinnvoll - in die Umsetzung des Aktionsplans einbezogen werden und diesen unterstützen.
Aus der Persönlichen Lagebesprechung kann sich auch der Bedarf einer umfassenderen Aktionsplanung ergeben, die zum Beispiel mit einem PATH-Prozess gestaltet werden kann.

Abschluss des Treffens 

Am Ende der Persönlichen Lagebesprechung bittet der*die Moderator*in die Teilnehmenden, folgende Fragen zu beantworten:

  • Was ist an dem Prozess gut gelaufen, was nicht?
  • Was könnte das nächste Mal besser gemacht werden?

Was benötigt man für eine Persönliche Lagebesprechung? 

  • Der Prozess sollte mindestens von einem*r Moderator*in begleitet werden. Wünschenswert ist eine zweite Person, die schreibt und kleine Zeichnungen hinzufügt.
  • Man benötigt ein bis zwei Stunden Zeit.
  • Der Raum sollte groß genug für die Gruppe sein und Platz für die Plakate (Flipchart-Papiere) an Wänden oder Stellwänden bieten. Die Teilnehmenden sitzen möglichst im Halbkreis oder im doppelten Halbkreis.
  • Papier und Flipchart-Marker in verschiedenen Farben, die nicht durch das Papier drücken, sollten in ausreichender Menge vorhanden sein.
  • Ein CD-Player, um von der Person ausgewählte Musik oder anregende Hintergrundmusik zu spielen.
  • Getränke und kleine Snacks nach Wahl sind ebenfalls sinnvoll.

Weitere Informationen und Materialien

Arbeitsbuch - Persönliche Lagebesprechung

Persönliche Lagebesprechung (in Englisch)

SANDERSON, Helen & MATHIESEN, Ruth (2003): Person Centred Reviews. Stockport: HSA Press.

Diese und weitere Methoden Personenzentrierten Denkens finden Sie in:

SANDERSON, Helen & GOODWIN, Gill: Minibuch - Personenzentriertes Denken

DOOSE, Stefan: "I want my dream!" Persönliche Zukunftsplanung. Neue Perspektiven und Methoden einer personenzentrierten Planung mit Menschen mit und ohne Beeinträchtigung.

Buddy-Book - Lagebesprechung

Buddy-Book - Lagebesprechung / Wiebke Kühl
Buddy-Book - Lagebesprechung (PDF - 1,2 MB) zum Herunterladen

Poster für Lagebesprechungen

Poster - Lagebesprechung / Wiebke Kühl
Poster - Lagebesprechung (PDF - 4,8 MB) zum Herunterladen

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